In diesem Artikel will ich dir einige Glaubenssätze aufzeigen, die dich von der Umsetzung eines Selbstportraits abhalten können. Wenn du dich grundsätzlich für Selbstportraits als Selbstausdruck interessierst, aber die konkrete Umsetzung vermeidest, könnte es sein, dass einer oder mehrere (oder ähnliche) dieser gedanklichen Sätze in deinem Kopf auftauchen, wenn du darüber nachdenkst.
Ich überlege, wie sie zu überwinden sein könnten und möchte dich ermutigen, trotz ihner Existenz mit dem zu beginnen, wozu du Lust hast. Dazu stelle ich dir eine kleine Aufgabe vor, die du durchführen kannst, wenn du neugierig bist, was diesbezüglich wohl in dir vorgehen könnte.
Die Angst, sich selbst visuell zu begegnen
In meiner Arbeit mit der Portraitfotografie oder auch überhaupt in meinen Gesprächen als Künstlerin über meine Kunst begegnet mir immer wieder großes Interesse, begleitet von Skepsis in bezug auf die eigene Rolle vor der Kamera. Als portraitierte Person oder eben auch als die Person, die sich selbst in Szene setzen könnte.
Oftmals strömt mir Bewunderung entgegen, die Meinung, ich sei so mutig, mich selbst so zu zeigen und so ehrlich und auch offen zu sein. Im Laufe der Zeit hat mich das nachdenklich gemacht.
Was genau wird mir da erzählt bzw. vermittelt?
Geht es darum, dass ich mich selber im Außen zeige oder darum, dass ich mich selbst traue, meine inneren Themen auszudrücken? Dass ich mir selbst den Raum und die Zeit nehme und gebe, mich meinen eigenen Themen künstlerisch zu widmen?
Der Schritt, diese Prozesse oder Ergebnisse dann im Außen zu zeigen, folgt ja erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Also geht es um verschiedene Dinge.
Im Zusammenhang damit wird dann oft erwähnt, dass man selber ja so ungern vor der Kamera stehe und sich auf Fotos eigentlich nie gefalle. Es seien immer die 'falschen Momente' oder man selber so verkrampft oder es gäbe nur eine Schokoladenseite, die nicht immer getroffen werde und ohnehin möge man sich selbst gar nicht so gern auf Bildern sehen.
Diese Aussagen lassen mich zu sem Gedanken kommen, ob es möglicherweise so etwas wie eine Angst, sich selbst visuell zu begegnen. Warum?
Mit jeder anderen Person, die wir auf Bildern sehen, sind wir milder als mit uns selbst. Also können wir andere Personen aus einem anderen Blickwinkel betrachten als uns selbst.
Zwischen Selbst- und Fermdwahrnehmung scheint eine riesige Lücke zu klaffen.
Glaubenssätze, die mir häufig begegnen
Einige der (Glaubens-)sätze, die ich im Zusammenhang mit Portraits immer wieder höre, sind folgende:
- Ich bin nicht schön genug.
- Ich muss aber schön auf Fotos aussehern.
- Ich bin zu alt.
- Ich darf mich selber nicht so ins Zentrum stellen.
- Für Selbstportraits habe ich keine Zeit.
- Ich muss erstmal wieder eine neue Frisur machen, bevor ich fotografiert werden kann oder mich selbst fotografiere.
- Wenn eine Kamera auf mich gerichtet ist, mache ich automatisch ein komisches Gesicht.
- Ich habe nur eine Position, die auf Fotos okay aussieht.
- Mir fehlen die Ideen, mich vor der Kamera selbst in Szene zu setzen.
- Ich brauche dafür besseres Equipment.
Eine andere Perspektive einnehmen
Also: Ja. Vor der Kamera zu stehen, IST eine Situation, die vielen von uns nicht vertraut ist.
Es ist eine andere Perspektive auf einen bestimmten Augenblick, Ausschnitt oder Ausdruck als wir sonst einnehmen.
Und der wird festgehalten. Ein Millimoment wird eingefroren.
Sekunde - Klick - gecatcht.
Ein Moment, den wir im lebenden Leben niemals so festgehalten sehen werden.
Außerdem werden wir entweder von jemand anderem aufmerksam angeschaut, rücken also automatisch in ein bewusstes Zentrum der Aufmerksamkeit.
Das sind wir offenbar nicht gewohnt.
Oder wir fühlen die Kamera auf uns gerichtet, um uns selber fotografisch festzuhalten.
Dann sind wir im Zentrum unserer eigenen Aufmerksamkeit. Das sind wir offenbar auch nicht gewohnt.
Punkt 1:
Dürfen wir uns ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellen?
Punkt 2:
Darf der Moment festgehalten werden und hinterher von uns und von anderen gesehen werden?
Halten wir es aus, uns von Außen zu betrachten?
Wie finde ich heraus, welche Glaubenssätze ich habe?
Du hast den Artikel bis hierher gelesen und denkst bei dir, 'hmm jaaa, da könnte etwas dran sein. Aber ich weiß gar nicht, ob diese Sätze jetzt bei mir zutreffen'. Doch du bist neugierig, ob es auch bei dir ähnlich geartete Gedanken gibt, die dich vielleicht von etwas abhalten, wozu du eigentlich in deinem tiefsten Innern einen Reiz verspürst.
Du kannst jetzt natürlich stundenlang darüber nachdenken, was das wohl bei dir für Sätze sein könnten, aber ich sage dir, das wird dich gar nicht soviel weiterbringen. Vielleicht fallen dir keine ein und du merkst nur, dass bei dir irgendwie Widerstände auftauchen, immer wenn du daran denkst, fotografiert zu werden doer dich selbst zu fotografieren.
Ich arbeite in solchen Fällen lieber mit Wahrnehmen als mit Denken.
Mein Hirn denkt den ganzen Tag und viel zu oft dasselbe. Unser Denken bewegt sich gern in gewohnten Mustern und das bringt mich persönlich nicht immer weiter.
Wenn ich mich aufs Wahrnehmen konzentriere, öffne ich einen inneren Raum und dort erscheinen Dinge, die mir vorher nicht bewusst waren aus meinem Unbewussen.
Eine Idee für dich:
Setze dich doch einmal gemütlich auf dein Sofa, deinen Sessel oder auf deine Fensterbank, suche dir einen Ort, an dem du dich mit dir wohlfühlst. Nimm Papier und einen Stift mit.
Stell dir jetzt in deinem Inneren vor, du würdest einfach mit der Idee anfangen, dich selbst zu fotografieren.
Oder auch, dir ein Portraitshooting bei einer Fotograf*in zu gönnen.
Male dir das so richtig aus, in allen Farben.
Nun beobachte, lausche und nimm einmal wahr, was spontan für Sätze durch deinen Kopf gehen oder was für Gefühle auftauchen. Nimm einfach nur wahr und wenn du etwas lokalisieren kannst, schreib es auf.
Mehr nicht.
Beispiel:
Dir wird heiss.
Deine Gedanken schweifen ab.
Du denkst ans Putzen.
Du fühlst dich komisch.
Der Kopf fühlt sich auf einmal an wie Watte.
Ein Satz taucht auf: zB 'Voll der Quatsch! oder 'Mach mal was Sinnvolleres!'
oder oder oder ...
Es können natürlich auch angenehme Dinge auftauchen, Erleichterung oder Freude.
Was auch immer da kommt.
Nimm es nur wahr, versuche, eine Weile mit deiner Aufmerksamkeit in der Wahrnehmung zu bleiben, auch wenn Gedanken kommen, die dich woanders hinführen wollen. Wenn es dich ablenkt und du die Aufmerksamkeit nicht halten kannst, lass es zu. Du kannst es jederzeit nochmal probieren.
Nimm es erstmal nur wahr.
Schreib alles auf, was auftaucht, ggf. hinterher, wenn es dich zu sehr ablenkt.
Mehr nicht.
Diese kleine Aufgabe kannst du immer mal wieder in deinen Alltag einbauen.
Beobachte dich selbst und das, was auftaucht. Bestimmt wirst du den ein oder anderen Satz finden, der dich davon abhält, dich mit Portraits oder Selbstportraits auseinander zu setzen.
Vielleicht verändert sich etwas oder dir wird etwas klarer.
Vielleicht denkst du dir irgendwann, ach was, ich probiere es einfach mal aus.
Vergiss nicht, niemand MUSS deine Erfahrungen mit Selbstportraits sehen.
Du kannst diese Reise ganz alleine für dich machen. Heimlich, still und leise oder auch wild und laut. Es ist deine eigene Erfahrung und sie kann und darf es bleiben. Solange du es so willst.
Was hast du für Erfahrungen mit der Übung gemacht?
Diese kleine Übung lässt sich natürlich auch auf alle möglichen anderen Situationen anwenden und gerade wenn du kreativ arbeiten möchtest, kann man sie enorm hilfreich einsetzen. Aber dazu komme ich in einem späteren Blogartikel.
Wenn du jetzt die Übung tatächlich durchgeführt und Lust hast, deine Erfahrungen mit mir zu teilen oder auch, wenn Fragen auftauchen, die du mir gerne stellen würdest, schreib mir gerne eine Email, kontaktiere mich auf Instagram oder nutze die Kommentarfunktion unter diesem Blogartikel.
Ich würde mich freuen, über deine Erfahrungen zu lesen.